Die grosse Illusion der Schöpfung durch den Menschen: Warum alles, was je sein wird, bereits existierte
Alles, was der Mensch je geschaffen hat, war schon immer da. Jede Erfindung, jede Entdeckung, jeder scheinbare Durchbruch – nichts davon ist wirklich neu. Der Mensch kombiniert nur, was bereits existiert. Er findet, was längst auf ihn wartete. Selbst die komplexesten Technologien unserer Zeit, Computer und künstliche Intelligenz, waren bereits in der Steinzeit vorhanden. Wir wussten nur noch nicht, wie wir sie suchen mussten.
Die Idee, die die Welt nicht hören will
Wir feiern Erfinder wie Genies, die aus dem Nichts etwas Neues erschaffen. Doch das ist ein Trugbild. Denken wir einen Moment lang radikal anders: Der Mensch produziert nichts Neues. Er fügt lediglich Bausteine zusammen, die seit Anbeginn der Zeit vorhanden sind. Materie, Energie, Naturgesetze – alles war schon immer da. Selbst unsere Gedanken und Ideen sind nur Rekombinationen dessen, was wir wahrgenommen, gelernt oder erlebt haben. Nichts kommt aus der Leere, aus dem Nichts. Alles entsteht aus dem, was bereits ist.
Erfindungen sind Entdeckungen
Was wir "Erfindung" nennen, ist in Wahrheit ein Finden. Der Mensch entdeckt, was verborgen war. Die Gesetze der Mathematik, die Prinzipien der Physik, die Logik der Algorithmen – sie existierten, lange bevor wir sie benannten. Ein Computer ist nichts weiter als eine elegante Anordnung von Materie, die den bereits vorhandenen Gesetzen der Information folgt. Hätte ein Steinzeitmensch Steine, Schnüre und Wasserläufe so kombiniert, wie wir heute Siliziumchips verbinden, hätte er einen Rechner bauen können. Die Bausteine waren alle da. Nur das Wissen um ihre Kombination fehlte.
Die Steinzeit-Cloud
Stellen wir uns vor: In den Tiefen der Wälder, zwischen Felsen und Flüssen, lag bereits alles bereit. Die Natur speicherte Informationen in der Anordnung der Blätter, im Fluss der Sedimente, in den Mustern der Sterne. Was ist eine KI anders als die Manipulation von Symbolen nach logischen Regeln? Diese Regeln waren immer Teil des Universums. Wir haben sie nicht erfunden – wir haben sie endlich gefunden.
Doch warum dann der Jubel?
Wenn alles schon da war – warum feiern wir dann Fortschritt? Weil die wahre Leistung des Menschen nicht im Erschaffen, sondern im Erkennen liegt. Seine Grösse zeigt sich darin, verborgene Wahrheiten ans Licht zu holen und sie so zu kombinieren, dass sie die Welt transformieren. Die Elektrizität war immer vorhanden, doch erst als der Mensch lernte, sie zu bändigen, entstand das elektrische Zeitalter. Die Zahlen waren immer da, doch erst ihre symbolische Kombination ermöglichte die Algebra.
Die Grenze des Gedankens
Dennoch: Ist alles nur Wiederentdeckung? Vielleicht nicht ganz. Zwar waren die Bausteine immer vorhanden, aber ihre Kombinationen können so komplex und einzigartig sein, dass sie eine neue Qualität hervorbringen. Bewusstsein, Kunst, Liebe – emergente Phänomene, die durch das Zusammenspiel existierender Elemente entstehen und doch etwas darstellen, das vorher nicht fassbar war. Doch selbst diese Emergenz folgt Gesetzen, die schon immer im Kosmos angelegt waren.
Das ungenutzte Universum
Letztendlich leben wir in einer Welt der unendlichen Möglichkeiten, die alle bereits angelegt sind. Die Aufgabe der Menschheit ist es nicht, zu erfinden, sondern zu entdecken. Zu erkennen, was ist, und es klug zu kombinieren. Die nächste grosse Revolution – sei es unendliche Energie, interstellare Reisen oder vollendete Künstliche Intelligenz – wartet bereits darauf, gefunden zu werden. Irgendwo. In den Atomen. In den Zahlen. In uns.
Der Mensch ist kein Schöpfer. Er ist ein Entdecker.
Und das Universum ist voller Geheimnisse, die nur darauf warten, endlich gesehen zu werden.
G. Laftsis